Der Antrag

Da hockst du nun, zwischen all dem Grün und den farbenprächtigen Blumen, für die ich keine Namen kenne. Die Hände in grünen Handschuhen, eine Rosenschere zwischen den Fingern. Oder war es eine Astschere? Ich weiß es nicht.
Jedes Jahr, im späten Winter, geht es los und mein größter Konkurrent tritt in unser Leben ein: Der Garten.
Du verbringst Stunden damit, ihn aufzuhübschen, und weitere Stunden damit, Komplimente dafür zu erhalten. Und ich beobachte dich, gerne, sehe, wie du darin aufblühst.
Dieser Hut. Du trägst ihn, wenn die Sonne brennt. Er lässt dich verschwinden, fängt dich ein als würdest du gleich Siesta halten wollen.
Dazu dieses Kleid, ein langes Sommerkleid, im Nacken gebunden, deine nackten Schultern machen mich nervös. Das tun sie immer. Egal wann ich sie sehe.
Du blickst auf, hebst deine Hand mit der Gartenschere und winkst mir damit zu. Was willst du mir sagen? Dass du mich gesehen hast? Dass du weißt, wo ich stecke? Dass du ahnst, dass ich dir neidvoll zusehe, wie du all das Grün in Reih’ und Glied bringst.
Ich gehe ins Haus, die Kühle der Klimaanlage tut gut. Ich bin kein Gartenmensch. Ich kann gut darin sitzen, aber das ist schon alles. Den Rest überlasse ich dir. Jedes Jahr. Ich weiß, wie sehr du Blumen liebst.
Ich gehe auf die Terrasse und du blickst wieder zu mir. Siehst mich lange an, als würdest du mich lesen wollen. Kannst es aber nicht.
Ich winke dich zu mir und sofort stehst du auf. So gehorsam, da verliert auch mein größter Konkurrent.
Du stehst vor mir, deine Schultern glänzen und dein Hut hüllt dein Gesicht in Schatten.
Deine Augen blitzen, der Stolz steht dir ins Gesicht geschrieben. Deine Rosen sind akkurat geschnitten, heute ist der Lavendel dran. Ich kann es riechen.
Ich muss lächeln, wenn ich dich so ansehe. Dein Lächeln steckt an. Du steckst an.
„Wie lange sind wir schon zusammen?“
Ich weiß es nicht, es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Als wärst du immer da gewesen, als wärst du nie weg gewesen.
Deine Augen zeigen sich fragend.
„5 Jahre, 2 Monate, 21 Tage.“
Es war klar, dass du das weißt. Du weißt es immer, egal wann ich dich frage. Wie du das nur machst, mich immer wieder, auch nach Jahren noch zu verblüffen?
Ich trete auf dich zu, streichle über deine Wange. Sie ist feucht, du hast draußen geschwitzt. Widerspenstige Haarsträhnen suchen sich den Weg unter dem Hut hervor.
„Wo haben wir uns kennengelernt?“
Meine Fragen kommen dir eigenartig vor. Dein Blick zeigt, dass du misstraust. Mir etwa? Oder der Situation?
Ich bin mir sicher, dass du deine Stirn runzelst. Das machst du immer, wenn du misstrauisch wirst.
„In einem Restaurant.“, antwortest du und deine Stimme verliert sich leicht.
„Ich glaube, heute ist ein guter Tag.“, sage ich und dein Atem verstummt.
„Wofür?“
Ich greife nach deinem Hut und nehme ihn dir vom Kopf. Ein Zopf fällt hervor und landet auf deinem Rücken. Der Hut mit der breiten Krempe, ich lasse ihn auf den Boden fallen. Wir werden ihn nicht mehr brauchen.
Ich merke, dass du scharf einatmest. Weißt du, was jetzt kommt? Ahnst du es?
Ich trete hinter dich, deine nackten Schultern machen mich immer noch nervös. Ich drücke einen Kuss darauf, leicht, wie eine Feder.
„Wofür?“, fragst du erneut.
Erhoffst du dir wirklich eine Antwort?
„Schließ deine Augen.“, befehle ich flüsternd. „Und nicht schummeln.“
Denn ich weiß, du schummelst gerne. Manchmal merke ich es zu spät, manchmal gar nicht. Aber wenn ich es merke, bestrafe ich es.
Heute sollst du nicht schummeln. Nicht jetzt, nicht in so einem wichtigen, endgültigem Moment.
Ich vergrabe mein Gesicht in deiner Halsmulde und atme dich ein, sauge deinen Geruch auf. Deine Mischung. Eine Mischung aus Deo, Schweiß, Sonnencreme und Lavendel.
Ich liebe deinen Geruch, will nicht genug davon kriegen.
Du lehnst dich zurück, vertraust mir, blind.
Doch ich schiebe dich weg, zwinge dich, allein zu stehen und gehe weg um dich zu betrachten.
Du wippst, verlagerst dein Gewicht von einem Bein auf das andere. Unsicherheit. Dein Zeichen von Unsicherheit. Wie oft ich das schon gesehen habe.
Ich weiß, dass du lauscht. Du versuchst zu erahnen, was passiert. Wie ein Luchs hörst du in die Stille. Doch mehr, als das Rauschen der Blätter im warmen Wind wirst du nicht vernehmen.
Nach einer Weile komme ich wieder. Immer noch stehst du da, mit geschlossenen Augen. Ich weiß, dass du sie geöffnet hast, als du feststelltest, dass ich den Raum verlassen habe. Erst nur einen kleinen Spalt, dann immer weiter. Ich kenne dich, ich kenne dich so gut wie mich selbst.
„Streck deine Hand aus. Die Linke.“
Weil ich weiß, dass du Linkshänderin bist.
Du tust, was ich sage. Und doch zittert deine Hand, denn du weißt nicht, was kommt.
Ich lege dir etwas in die Hand. Du tastest mit deinen Fingern danach und bemerkst, dass es dich sticht.
„Öffne deine Augen.“, sage ich leise.
Dein Gesicht erhellt sich. Du liebst sie, du liebst Rosen einfach über alles. Es ist nur eine einzige Rose und ich weiß, dass sie bald schon verblüht sein wird, aber du freust dich unbändig darüber.
„Wow, sie ist wunderschön.“, sagst du.
Ja das ist sie in der Tat und meine Augen ruhen eine Weile auf der Blüte.
„Nicht so schön wie jene in unserem Garten.“, sage ich dann.
Du schaust mich an, deine Augen strahlen. Ich betrachte dich, taste dich mit meinen Blicken ab. Ich lasse mich treiben. Gedankenverloren ziehe ich an deinem Kleid, ziehe es über deine Brust hinab, bis es auf deiner Hüfte ruht.
Deine Brustwarzen strecken sich mir gegen und ich muss sie berühren. Sanft streichle ich darüber.
Immer noch hältst du die Rose in deiner Linken doch ich merke, dass du dich hingeben willst.
„Halt die Rose fest, nicht fallen lassen.“, sage ich und lächle dich an.
Du nimmst sie in die Hand, umschließt ihren Stil, aber so, dass du dich nicht an ihr stichst.
Ich ziehe dich an mich.
„Ich liebe dich.“, flüstere ich und gebe dir einen Kuss.
Schiebe neckisch meine Zunge in deinen Mund, von dem ich weiß, dass er problemlos meinen Schwanz aufnehmen kann.
Du stöhnst leise, erwiderst meinen Kuss.
Meine rechte Hand tastet sich an deine Linke. Umschließt sie zart.
Nein, du ahnst nichts. Da bin ich mir sicher. Du hast nicht die geringste Ahnung, was jetzt passiert.
Ich schiebe meine Zunge erneut in deinem Mund und drücke deine Hand fest zusammen. Ein Schrei von dir, überrascht und schmerzhaft zugleich, wird von mir erstickt. Ich halte dich fest an mich gedrückt, erlaube es dir nicht, dich zu lösen.
Du stöhnst, windest dich, während ich fester drücke. Versuchst, mich abzuschütteln. Es muss dir sehr weh tun.
Irgendwann lasse ich von deinem Mund ab, doch mein Griff bleibt. Ich sehe, wie deine Augen flattern. Du suchst Halt, du wankst leicht.
„Mach deine Augen auf.“, sage ich, denn du hältst sie geschlossen. Im höchsten Moment des Schmerzes hältst du sie immer geschlossen. Und ich zwinge dich immer, sie zu öffnen, denn ich will deinen Schmerz sehen. Und ihn genießen.
Du tust, was ich dir sage. Du bist gehorsam.
Dein Blick haftet an meinen Augen, doch ich bin mir sicher, dass du mich nicht mehr gut sehen kannst. Denn deine Augen sind mit Tränen gefüllt. Ein kleiner See hat sich gebildet und ich weiss, dass er gleich wie ein Fluss über deine Wangen laufen wird.
„Du weißt, ich mag es, wenn du weinst.“, sage ich.
Du nickst.
Dein Blick fällt auf deine Hand, und gemeinsam betrachten wir die Quelle deines Übels. Langsam tropft ein Gemisch aus Blut und Schweiß auf den Boden.
Du atmest scharf ein, als die Tropfen fallen.
„Heirate mich.“
Du weinst. Stöhnst. Und ich drücke fester. Ich weiß, dass die Dornen sich nun tief in deine Haut bohren.
Du zuckst, willst in deinen Schmerz sinken.
„Bleib stehen.“, sage ich laut.
Tränen laufen über dein Gesicht, während ich um deine Hand anhalte.
„Ich habe dich etwas gefragt.“, erinnere ich dich, während ich dich mit mir ziehe. Eine kleine Blutspur zieht sich über den Boden.
Deine Hand zuckt, deine Finger sind zappelig, wollen sich lösen. Doch ich gestatte es nicht.
Ich schiebe dich auf die Couch, so, dass du darauf knien musst. Blut tropft auf den weissen Stoff. Es stört mich nicht.
Dann lasse ich los und sofort öffnet sich deine Hand. Schluchzend betrachtest du deine Hand, ziehst mit der anderen die Rose aus deiner Haut. Blutige Spuren, überall.
Ich öffne meine Hose. Du weißt, was jetzt kommt. Deine Tränen sind mein Aphrodisiakum, sie treiben mich in meiner Erregung.
Ich schiebe dein Kleid hoch. Bemerkst du es? Immer noch starrst du auf deine Hand. Ja es sieht wirklich übel aus.
„Nimm sie wieder in die Hand.“, flüstere ich.
„Nein.“, weinst du mir entgegen. Mit diesem Flehen in der Stimme. Und immer wieder frage ich mich, ob es Absicht ist. Ob du mich absichtlich anflehst, damit ich durchsetze, was ich möchte.
„Tu es.“
Tapfer nimmst du die Rose wieder in deine Hand. Ja, jetzt weißt du, was kommen wird. Und es ängstigt dich mehr als zuvor.
Ich dringe in dich ein, zärtlich, rücksichtsvoll.
„Ich hab dir eine Frage gestellt.“, erinnere ich dich erneut daran.
Ich beuge mich über dich, bewege mich in dir, spüre dich. Umfasse deine Linke, du quittierst es mit einem lauten Schluchzen. Dein Körper spannt sich an.
„Wie ist deine Antwort?“, frage ich.
Die nickst, heulst auf. „Ja.“, weinst du mir entgegen.
„Ich liebe dich.“, sage ich und drücke deine Hand.
Ja ich liebe dich. Ich liebe dich, dafür dass du mich liebst wie ich bin. Und dass du nimmst, was ich dir gebe, egal, was es ist.
„Ich liebe dich.“, flüstere ich erneut und betrachte den roten Fleck auf der Couch. Deine Wangen sind nass, deine Stimme schneidet schrill durch den Raum.
Ich weiß, dass wir deine Hand versorgen werden. Ich weiß, dass wir sie verbinden werden. Ich weiß, dass Menschen Fragen stellen werden. Und ich weiß, dass du ihnen sagen wirst, dass du dich beim Rosen schneiden verletzt hast.
Sie werden dir glauben. Natürlich werden sie dir glauben. Und sie werden dabei deinen Garten bewundern. Wie schön er doch ist.
Und ich weiß, dass dich das stolz machen wird. Stolz, weil du weißt, dass du dich beim Rosen schneiden noch nie verletzt hast. Und stolz, weil du deinen Garten liebst.

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